In unserem jüngsten Live-Event im Seniorentreff hatten wir die Ehre, Prof. Dr. Alexander König von der TU München zu Gast zu haben. Als Experte für „Geriatronik“ – einer Wortschöpfung aus Geriatrie und Mechatronik – gab er uns faszinierende Einblicke in das Projekt „Garmi“ und den aktuellen Stand der Pflegerobotik.
Der Vortrag war ein Augenöffner: Er zeigte eindrücklich, dass wir streng unterscheiden müssen zwischen der „körperlosen“ KI (wie ChatGPT), die bereits Examen besteht, und der „verkörperten KI“ (Embodied AI), die noch immer Mühe hat, eine Spülmaschine auszuräumen. Prof. König demonstrierte anschaulich, wie sein Team in Garmisch-Partenkirchen daran arbeitet, Roboter so zu trainieren, dass sie Senioren ein längeres, selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen – von der telemedizinischen Untersuchung bis zum Servieren eines Glases Wasser.
10 Jahre oder 10 Monate? Eine Frage der Lerngeschwindigkeit
Besonders spannend wurde es aus meiner Sicht in der anschließenden Diskussion, in der zwei Sichtweisen aufeinandertrafen: die vorsichtige Prognose des Ingenieurs und Firmengründers und mein eigener, vielleicht etwas seniorengerecht ungeduldiger Optimismus.
Prof. König geht davon aus, dass wir noch gut 10 bis 15 Jahre benötigen, bis Haushaltsroboter wirklich autonom und nützlich in unserem Alltag ankommen. Er verweist zurecht auf die enorme Komplexität der physischen Welt, die weit über das hinausgeht, was Sprachmodelle heute leisten.
Ich halte jedoch eine optimistischere Zeitlinie für durchaus plausibel. Warum? Wegen des kooperativen Lernens (Fleet Learning bzw. der Schwarmintelligenz).
Anders als wir Menschen, die jede Fähigkeit individuell mühsam erlernen müssen, teilen Roboter ihr Wissen. Wenn ein Roboter in einem Labor in Tokio lernt, wie man eine Kaffeetasse sicher greift, ohne sie zu zerdrücken, können theoretisch alle baugleichen Roboter weltweit dieses Update sekundenschnell erhalten. Wir sehen in China bereits massive Investitionen in die Massenproduktion humanoider Roboter. Sobald die Hardware in großer Stückzahl verfügbar ist, wird die Software durch dieses exponentielle, kollektive Lernen (verstärkt durch KI-Simulationen) die Entwicklung rasant beschleunigen.
Ich bin überzeugt, der „Matrix-Moment“, von dem Prof. König sprach, in dem man Fähigkeiten einfach „hochlädt“, wird für Maschinen viel früher kommen als für uns Menschen.
Ein Ausblick: Der Dialog geht weiter
Dieser Abend hat mir erneut gezeigt, wie essenziell der Austausch zwischen der Generation der „Silver Surfer“ und der aktuellen Spitzenforschung ist. Wir im Seniorentreff sind nicht nur passive Empfänger von Pflegetechnologie – wir sind technisch interessiert, kritisch und wollen die Entwicklung aktiv begleiten.
Daher möchte ich diesen Blogbeitrag auch als Einladung an andere KI-Forscher und Robotik-Experten verstehen: Wir wollen diesen Dialog im kommenden Jahr intensivieren.
Neues Format geplant
Um noch tiefer in spezifische Themen eintauchen zu können und flexibler zu sein, plane ich für die Zukunft, neben unseren Live-Events verstärkt auf aufgezeichnete 1-zu-1-Interviews zu setzen. Das gibt uns den Raum, komplexe Themen in Ruhe zu besprechen – von Neurogenetik bis hin zu Large Language Models.
Wenn Sie in der KI-Forschung tätig sind und Lust haben, Ihre Arbeit einem hochinteressierten Publikum vorzustellen, das die Anfänge der IT oft selbst miterlebt hat: Meine virtuelle Tür steht offen. Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren, wie wir die Technik von morgen gestalten.
Die Videos werden auf seniorentreff.tv bzw. youtube.com/seniorentreff dauerhaft vorgehalten werden.
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