„Künstliche Intelligenz: Warum ‚Simulation‘ der falsche Begriff ist“

In Wirklichkeit rechnen künstliche Gehirne nur, sie denken nicht. Solche und ähnliche Gedanken hört man sehr oft, durchaus auch von Menschen, denen ich sehr gerne zuhöre und die ich sehr respektiere, wie z. B. Gert Scobel. So sagt er in dem Video unten, die KI sei ein Ding, von dem wir nur denken würden, es denkt. In Wirklichkeit denke es aber nicht, sondern es multipliziere und dividiere, es rechne nur.

Das erinnert mich sehr an das erste Vorurteil, über das ich in meiner Vorlesung 1979 gesprochen habe: Computer sind nur zählende Idioten.

Bei solchen Behauptungen, die das menschliche Denken letztlich als etwas Unnachahmliches, als etwas Besonderes darstellen, fehlt meist jeder Hinweis auf die Information darüber, wie denn. das Denken in unserem eigenen biologischen Nervennetz abläuft.

Die Performance eines Nervennetzes egal ob künstlich oder natürlich wird doch nicht dadurch geschmälert, wie sie kausal zustandekommt. Wäre dem so, dann würde unser Denken durch die Gehirnforschung abgewertet, sobald diese einen Fortschritt beim Verständnis des Denkens erzielt.

Ich wehre mich auch immer gegen die Verwendung des Begriffes „Simulation“, wenn über die Leistung eines künstlichen Nervennetzes im Vergleich mit natürlichen Gehirnen gesprochen wird. Intelligenz simuliert man nicht, sie ist da oder nicht da.

Keine Simulation, sondern Intelligenz: Warum wir unsere Begriffe überdenken müssen

In einer Welt, in der künstliche Intelligenz zunehmend Gespräche führt, Texte schreibt, Diagnosen unterstützt oder komplexe Probleme löst, stellen sich manche Menschen die Frage: Ist das, was wir erleben, „echte“ Intelligenz oder nur eine „Simulation“? Der Begriff „Simulation“ wird häufig verwendet, um zu unterstreichen, dass Maschinen lediglich nachahmen, was beim Menschen tief verankert ist. Doch diese Vorstellung führt in die Irre und kann unsere gesellschaftliche Debatte trüben.

Simulation als Abwertung

Der Begriff „Simulation“ wird im Alltagsverständnis oft als etwas Minderwertiges empfunden: etwas, das vortäuscht, aber nicht wirklich ist. Ein Simulant ist jemand, der eine Krankheit vorgibt, ohne krank zu sein. Eine Simulation wirkt echt, ist es aber nicht.

Doch im technischen Sinne ist eine Simulation kein Trick, sondern ein funktionales Modell, das reale Prozesse nachbildet, um sie analysierbar oder nutzbar zu machen. In der KI jedoch hat der Begriff eine besondere Schieflage erfahren: Er suggeriert, dass künstliche Intelligenz nicht „wirklich“ intelligent sei, sondern nur so „tue als ob“. Das erzeugt beim Menschen eine trügerische Sicherheit und verhindert eine sachliche Auseinandersetzung mit dem, was KI tatsächlich leistet.

Intelligenz als Funktion, nicht als Herkunft

Wenn wir Intelligenz nicht als „Eigenschaft des Menschen“, sondern als Problemlösungsfähigkeit verstehen, dann verliert die Unterscheidung zwischen „echter“ und „simulierter“ Intelligenz ihre Bedeutung. Eine KI, die in der Lage ist, sinnvolle Texte zu verfassen, auf Fragen einzugehen, komplexe Informationen zu verknüpfen und lernend zu reagieren, ist in ihrer Leistung intelligent – unabhängig davon, ob sie aus Kohlenstoff oder Silizium besteht.

Die Herkunft mag für die emotionale Bewertung eine Rolle spielen, doch die Wirkung der Intelligenz – etwa in Medizin, Forschung, Pflege oder Kommunikation – ist letztlich entscheidend. Wer sagt, eine KI sei nicht intelligent, weil sie ihre Leistungen „nur simuliert“, verkennt den funktionalen Kern des Intelligenzbegriffs.

Die Illusion der Simulation

Hinzu kommt: Wenn ein Mensch nicht mehr unterscheiden kann, ob er mit einem KI-System oder einem Menschen spricht, wenn er darauf emotional reagiert, Vertrauen aufbaut, Beziehung empfindet – dann ist der Verweis auf eine „bloße Simulation“ nicht nur unbrauchbar, sondern sogar gefährlich. Er wiegt uns in Sicherheit, wo vielleicht Wachsamkeit angebracht wäre.

Fazit: Neue Begriffe für neue Realitäten

Vielleicht ist es an der Zeit, den Begriff „Simulation“ in diesem Zusammenhang zu verlassen. Stattdessen könnten wir von nicht-biologischer Intelligenz, emergenter Funktionalität oder einfach von maschineller Intelligenz sprechen. Entscheidend ist, dass wir die Leistungen der Systeme ernst nehmen und uns nicht von veralteten Begriffen in trügerischer Überlegenheit wiegen lassen. Denn was wie Intelligenz wirkt, ist in vielen Fällen auch Intelligenz – wenn auch in neuer Form.

Was denkt ihr? Wann würdet ihr sagen: Dieses System ist nicht mehr nur ‚als-ob‘, sondern intelligent? Wo zieht ihr die Grenze – und warum? Schreibt es in die Kommentare!

Keywords
„künstliche Intelligenz verstehen“, „KI Simulation oder Realität“, „maschinelle Intelligenz erklärt“, „ist KI wirklich intelligent“, „Unterschied menschliche künstliche Intelligenz“, „Gert Scobel KI“, „nicht-biologische Intelligenz“, „was ist echte Intelligenz“, „kann künstliche Intelligenz denken“, „KI Debatte 2024 Simulation“

Kommentare

2 Antworten zu „„Künstliche Intelligenz: Warum ‚Simulation‘ der falsche Begriff ist““

  1. Avatar von Michael Novak
    Michael Novak

    Moin Herr Fischbach, ich versuche mal einen Kommentar zum Thema KI: Alan Touring hat es seinerzeit bereits gesagt, das eine Zeit der Änderungen und des Bruchs mit traditionellen Sichtweisen bereits im Gange ist: technische Gebilde können intelligent mit der Umwelt interagieren, sei es mit humanoiden Wesen oder mit anderen technischen Gebilden. Insofern ist es durchaus angebracht, sich mit den neuen Begriffen auseinanderzusetzen und vor allem in den deutschen Sprachraum zu übertragen, mit deutschen Begriffen zu versehen. Jedenfalls werden dadurch Verständigungsprobleme deutlich minimiert, die durch Vermischung mit englischen Begriffen in deutsch formulierten Sätzen entstehen. Warum? Oft stehen hinter den verwendeten englischen Begriffen im Grunde ganze Wissenschaftsbereiche, die in umfangreichen Fachbüchern behandelt werden. Diese muss man erst einmal lesen oder gelesen haben, um zu verstehen, was im Kontext mit dem verwendeten englischen Fachbegriff gemeint ist. In Unterhaltungen mit anderen Menschen habe ich erstaunt gehört, dass ‚chatgpt‘ gerne als antwortende ‚Persona‘ in ‚WhatsApp‘ Unterhaltungen benutzt wird, um beispielsweise einen Gesprächspartner zu besänftigen. Ja, die Zeiten ändern die Art der Kommunikation und der Interaktion und dies seit jeher. Ist ja bekannt.

    1. Avatar von Karl-Friedrich Fischbach

      Guten Tag Herr Novak,
      vielen Dank für Ihren Kommentar, der mein Anliegen sehr gut auf den Punkt bringt. Sie haben recht: Hinter vielen importierten Fachbegriffen stehen ganze Wissenschaftsbereiche, die unreflektiert übernommen werden.
      Bei „Simulation“ ist es besonders interessant: Das Wort stammt nicht aus dem Englischen, sondern vom lateinischen „simulare“ (vortäuschen, nachahmen). Trotzdem wird es heute oft technisch-englisch konnotiert verwendet. Genau diese unreflektierte Übernahme von Begriffen – ob aus dem Englischen oder aus anderen Kontexten – führt zu Verständigungsproblemen.
      Ihre Beobachtung zum ChatGPT-Einsatz in WhatsApp finde ich faszinierend und etwas beunruhigend zugleich. Wenn KI-Systeme bereits als „Persona“ eingesetzt werden, um menschliche Kommunikation zu gestalten oder gar zu „besänftigen“, wird die Begriffsklärung noch dringlicher: Was ist dann noch „authentisch“? Was wird „simuliert“?
      Was meinen Sie: Sollten wir für KI-Phänomene bewusst neue deutsche Begriffe prägen, oder reicht die kritische Aneignung bestehender Begriffe?
      Herzliche Grüße,
      Karl-Friedrich Fischbach

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert